Vom Landesrechnungshof geprüft: Gemeinde Eisenkappel und ihr neuer Kindergarten

veröffentlicht am 17. Dezember 2020

Einleitung

Der Kindergarten-Umbau der Gemeinde Eisenkappel kostete mehr als doppelt so viel wie ursprünglich berechnet. Der Kärntner Landesrechnungshof zeigt in einem Bericht auf, wie es dazu kommen konnte. In einem zweiten Bericht überprüfte der Landesrechnungshof die Gemeinde Eisenkappel. Er spricht 54 Empfehlungen aus, um Bereiche wie Personal, Zahlungen und Vermietung zu verbessern.

Pressemitteilung

280.000 Euro geplante Kosten zu Projektbeginn

Der alte Kindergarten der Gemeinde Eisenkappel beherbergte zwei Kindergartengruppen und hatte eine dritte Gruppe an einem externen Standort. Ab dem Jahr 2012 plante der Gemeinderat diese dritte Gruppe zum Kindergarten zu verlegen. Die Idee war, dafür zwei Garagen im benachbarten Gemeindeamt zu sanieren. Die Kosten dafür wurden damals auf 280.000 Euro geschätzt.

933.000 Euro Kostenschätzung durch den Architekten

Ein Architekt entwarf im Jahr 2015 im Auftrag der Gemeinde mehrere Varianten für die Kindergartenzusammenlegung. Dem Landesrechnungshof legte die Gemeinde nur die Variante 2 vor. Diese Variante umfasste die Adaptierung der Garagen zu Verwaltungsräumen und einen Verbindungsbau zwischen Kindergarten und Gemeindeamt. Der Architekt schätzte die Kosten dafür ohne Mustersanierung auf 933.000 Euro. Der Gemeinderat entschied sich auf Basis dieser Summe für das Projekt, plante jedoch anschließend eine andere Variante.

1,07 Millionen Euro

Der Architekt gestaltete den Kindergarten komplett neu, nur die Tragstruktur blieb erhalten. Er erweiterte das Gebäude um einen Zubau, plante eine aufwändige Sanierung, neue Räume im Erdgeschoß und einen eigenen Sanitärbereich für jede Kindergartengruppe. Im Gemeindeamt plante er einen Lift und nur geringfügige Maßnahmen in der Garage. Einen Verbindungsbau mit dem Gemeindeamt wies das Projekt nicht mehr auf. Die Gemeinde ging weiterhin von den Schätzkosten des Jahres 2015 aus und erweiterte diese im Juli 2016 nur um die Sanierung von Mängeln am Bestandsgebäude auf 1,07 Millionen Euro.

„Die Gemeinde setzte eine andere Projektvariante um als jene, für die sie im Jahr 2015 die Kosten und Finanzierung berechnet hat. Trotzdem rechnete sie im Juli 2016 noch immer mit den Kosten der alten Variante“, sagt Landesrechnungshofdirektor Günter Bauer.

1,42 Millionen Euro – Einsparung nicht verfolgt

Im März 2017 erteilte die Gemeinde die Baubewilligung. Im Juni 2017 errechnete der Architekt auf Basis von Angeboten bereits Gesamtkosten von 1,42 Millionen Euro. Da das Ergebnis weit über den genehmigten Kosten von 1,07 Millionen Euro lag, berechnete er auch Einsparpotentiale von 260.000 Euro. Beispielsweise schlug er Alu- statt Holzfenster vor, einen Lift anstelle einer Rampe und ein weniger weit auskragendes Vordach. Die Gemeinde verfolgte diese Einsparpotentiale jedoch nicht. Sie sah die Mehrkosten aufgrund der erwünschten höheren Qualität des Kindergartens als gerechtfertigt.

1,85 Millionen Euro im August 2017 vom Gemeinderat beschlossen

Im August 2017 beschloss der Gemeinderat die Finanzierung der zwischenzeitlich neu berechneten Kosten von 1,85 Millionen Euro. Die Kosten haben sich im Vergleich zur Finanzierung, die der Gemeinderat im Jahr 2015 beschlossen hatte, fast verdoppelt. Trotzdem lehnte der Gemeinderat eine Überprüfung des Projekts durch das Land oder einen Bausachverständigen ab.

2,07 Millionen Euro Gesamtkosten am Ende

Der Umbau begann im Herbst 2017 und wurde im September 2019 fertiggestellt. Im Zuge der Bauabwicklung ergaben sich weitere Mehrkosten. Im Frühjahr 2019 berechnete die Gemeinde schließlich Gesamtkosten von 2,04 Millionen Euro. Eine Kostenzusammenstellung des Landesrechnungshofs im August 2020 ergab Gesamtkosten von 2,07 Millionen Euro.

„Die Gesamtkosten des Projekts waren mehr als doppelt so hoch wie die Kosten von 933.000 Euro, die die Gemeinde zu Projektbeginn als Kostenrahmen angesetzt hat“, sagt Direktor Bauer. „Die Gemeinde erhöhte den Kostenrahmen fünfmal, um den ursprünglichen Finanzierungsplan an die Kostenentwicklung anzupassen.“

Außerdem basierte der ursprüngliche Finanzierungsplan auf einer Projektvariante, die nicht umgesetzt wurde. Finanziert wurde das Bauvorhaben durch Bedarfszuweisungen und eine Förderung des Landes, eine Förderung und einen Zweckzuschuss des Bundes sowie die Förderung der Mustersanierung.

Aufsicht, Dokumentation & Kostenverfolgung

Der Landesrechnungshof ist der Ansicht, dass die Gemeinde ihre Bauherrenrolle unzureichend wahrnahm. Als örtliche Bauaufsicht band die Gemeinde zwar zu Baubeginn den Baudienst der Verwaltungsgemeinschaft Völkermarkt ein. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Gemeinde die wesentlichen Entscheidungen jedoch bereits getroffen. Der Bauablauf war nur bis März 2019 dokumentiert. Der Landesrechnungshof kritisiert, dass die Gemeinde zwischen März und September 2019 keine Baubesprechungsprotokolle mehr anfertigte.

Der Landesrechnungshof kritisiert auch die Kostenverfolgung. Die Gemeinde listete nur Teilrechnungsbeträge auf. Sie führte keine Soll-Ist-Vergleiche durch und machte auch keine Prognose für künftig noch anfallende Kosten.

„Bei kostenintensiven Bauvorhaben des Landes gibt es eine Großvorhabensüberprüfung durch den Landesrechnungshof, um die Kosten zu plausibilisieren und Mängel vor der Umsetzung aufdecken und beheben zu können. Dieses Projekt zeigt, dass auch bei Baumaßnahmen von Gemeinden eine entsprechende Prüfung durch die Gemeindeaufsicht bzw. den Landesrechnungshof sinnvoll wäre“, sagt Direktor Bauer.

Empfehlungen für Gemeinden

Die Gemeinde Eisenkappel ist eine Abgangsgemeinde. Das bedeutet, ihr Haushaltsergebnis ist negativ. Die Gemeinde hatte 6,53 Millionen Euro Schulden im Jahr 2015 und im Jahr 2019 schließlich 6,02 Millionen Euro (um 7,8 Prozent weniger). Die Anzahl der Gemeindebürgerinnen und -bürger sank von 2.694 Personen im Jahr 2002 auf 2.291 im Jahr 2019. Der Landesrechnungshof überprüfte rechtliche und wirtschaftliche Bereiche der Gemeinde von den Jahren 2015 bis 2019. Er zeigt Verbesserungspotentiale auf und spricht dazu 54 Empfehlungen aus.

„Einige der Empfehlungen könnte man vermutlich auch an andere Kärntner Gemeinden richten. Somit können auch die anderen Gemeinden von dieser Prüfung profitieren. Indem sie den Bericht lesen, können sie auf Schwachstellen in der eigenen Gemeinde aufmerksam werden und diese Bereiche verbessern“, sagt Direktor Bauer.

Mängel im Personalbereich

Die Gemeinde hat mit manchen Gemeindebediensteten keinen schriftlichen Dienstvertrag abgeschlossen. Manche Bedienstete waren außerdem falsch eingestuft, was sich auf ihren Lohn auswirkte. Der Landesrechnungshof empfiehlt bei der Einstufung auf die gesetzlichen Vorgaben zu achten und die Einstufung in regelmäßigen Abständen zu überprüfen. Er kritisiert auch, dass eine Bedienstete eine Zulage in falscher Höhe erhielt.

Die Gemeindebediensteten des Zentralamts wendeten ein Gleitzeitsystem an, obwohl es keine Vereinbarung dafür gab. Ihre Gesamtarbeitszeit betrug 38,5 Stunden, jene der Bediensteten des Wirtschaftshofs 42 Stunden. Damit arbeiteten die Bediensteten des Zentralamts 1,5 Stunden weniger als gesetzlich vorgesehen und jene des Wirtschaftshofs 2 Stunden mehr. Obwohl die Gemeinde keine Überstunden anordnete, bekamen Gemeindebedienstete über 20 Stunden ausbezahlt. Der Landesrechnungshof empfiehlt Überstunden anzuordnen und zwar nur, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen gegeben sind.

IT-Lösungen für Zahlungen

Die Gemeinde hat eine Barkasse, um Barzahlungen abzuwickeln. Die Ein- und Auszahlungen dokumentierten die Gemeindebediensteten in einer Excel-Liste, was nicht den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Solche Listen sind außerdem fehleranfällig und können nachträglich verändert werden. Der Landesrechnungshof empfiehlt ein elektronisches Kassenbuch einzuführen. Die Bediensteten erfassten alle Zahlungseingänge manuell – auch wenn der Einzahler bzw. die Einzahlerin die richtige Zahlungsreferenz angab. Der Landesrechnungshof empfiehlt eine automatische Zuordnung der Zahlungseingänge anhand der Zahlungsreferenz zu implementieren.

„IT-Lösungen mit automatisierten Schnittstellen minimieren das Risiko Fehler zu machen und Manipulationen zu ermöglichen“, sagt Direktor Bauer.

Die Gemeinde hat fünf Girokonten bei unterschiedlichen Kreditinstituten. Sie begründete das damit, dass dadurch jeder Gemeindebürger und jede Gemeindebürgerin Gemeindezahlungen über seine bzw. ihre Hausbank machen konnte. Trotzdem führte sie bei den Vorschreibungen an die Bürgerinnen und Bürger jeweils nur ein Konto an. Für die fünf Konten fielen jedes Jahr Bankspesen von rund 4.700 Euro an. In drei Jahren hatten drei Konten negative Jahresbestände.

Gebühren nicht kalkuliert

Die Gemeinde hebt Gebühren für bestimmte Bereiche ein, zum Beispiel für den Tourismus, die Abwasser- und Abfallbeseitigung, den Kindergarten und den Hort. Die Ausgaben dieser Bereiche müssen durch Gebühren gedeckt werden. Die meisten Gebühren kalkulierte die Gemeinde nicht, sondern passte sie auf Basis eines Indexes oder nach Bedarf an. Der Landesrechnungshof empfiehlt für die Abwassergebühr das Gebührenkalkulationsmodell zu verwenden, das das Land kostenlos zur Verfügung stellt.

Der Landesrechnungshof fand einige Mängel bei der Einhebung der Gebühren. Beispielsweise gab es keinen QR-Code auf den Bescheiden. Ein QR-Code würde die Überweisung erleichtern und dadurch könnte die Gemeinde Zahlungseingänge automatisch zuordnen. Bescheide der Gemeinde entsprachen nicht den gesetzlichen Vorgaben, zum Beispiel fehlte eine Begründung. Außerdem setzte die Gemeinde die Höhe der Säumniszuschläge und Mahngebühren falsch an.

Mieteinnahmen zu niedrig

Die Gemeinde vermietet Geschäftsräume und Wohnungen. Mit den Mieteinnahmen sollte sie die Gebäude instand halten, Darlehen dafür zurückzahlen, die Betriebskosten zahlen und Rücklagen für zukünftige Sanierungen bilden. Die Gemeinde kalkulierte jedoch weder die Mietzinse noch die Verwendung der Mieteinnahmen. Die Mieteinnahmen reichten nicht aus, um die Ausgaben zu decken und genug Rücklagen zu bilden. Die Verwaltung der Wohnhäuser übernahmen Gemeindebedienstete. Die Gemeinde verrechnete diese Kosten jedoch nicht als Betriebskosten weiter.

Mietverträge fehlen

Die Gemeinde schloss nicht mit allen Mieterinnen und Mietern schriftliche Mietverträge ab. Außerdem enthielt der Mustermietvertrag der Gemeinde keine Indexierung des Mietzinses. Bei einem Grundstück mit mineralwasserführender Quelle übernahm die Gemeinde eine Vermittlerfunktion. Die Gemeinde pachtete das Grundstück bis zum Jahr 2040 und verpachtete es an ein Kurhotel – jedoch ohne schriftlichen Pachtvertrag und ohne eine Laufzeit zu vereinbaren.