Landesrechnungshof empfiehlt mehr Förderung für Pflege zu Hause

veröffentlicht am 30. November 2017

Einleitung

Pflegebedürftige in Heimen bekommen in der Regel vom Land Kärnten mehr finanzielle Unterstützung als jene, die sich Zuhause betreuen lassen. Das ergibt die neueste Überprüfung des Kärntner Landesrechnungshofs, der empfiehlt mobile Dienste und die 24-Stunden-Betreuung stärker zu fördern. Das hätte auch positive Auswirkungen auf die Finanzmittel des Landes. 2015 sparte das Land zum Beispiel 1.230 Euro, wenn jemand statt einem Pflegeheimplatz die 24-Stunden-Betreuung in Anspruch nahm.

Pressemitteilung

Ambulant vor stationär – diesen Grundsatz für den Pflegebereich schrieb das Land Kärnten sowohl in politischen Programmen als auch in Gesetzen nieder. Im Gegensatz dazu gibt es jedoch vom Land für Pflegebedürftige wesentlich mehr finanzielle Unterstützung bei Unterbringung in einem Heim. Das stellte der Kärntner Landesrechnungshof fest, als er die Pflegestrukturen der Jahre 2012 bis 2015 in Kärnten überprüfte.

Für Menschen mit finanzieller Bedürftigkeit übernimmt das Land die Pflegeheimkosten fast zur Gänze. Pflegebedürftige in 24-Stunden-Betreuung bekommen jedoch nur einen geringen Zuschuss zu den Gesamtkosten und für die mobilen Dienste ist ein einkommensabhängiger Selbstbehalt zu bezahlen.

„Modellrechnungen des Landesrechnungshofs ergeben, dass die 24-Stunden-Betreuung erst für Pflegebedürftige ab einem Nettoeinkommen von mindestens 1.500 Euro leistbar ist“, sagt Landesrechnungshofdirektor Günter Bauer.

Ersparnis für Land und Gemeinden

Von 2012 bis 2015 verdoppelte sich die Anzahl der Menschen in 24-Stunden-Betreuung fast – von 1.211 auf 2.257 Personen.

„Die Nachfrage nach der 24-Stunden-Betreuung ist groß, obwohl das Modell verglichen mit einem Aufenthalt in Pflegeheimen nur gering gefördert wird“, sagt Direktor Bauer.

Der Landesrechnungshof sieht neben dem Vorteil für die Pflegebedürftigen in ihrem gewohnten Umfeld bleiben zu können auch Einsparpotential für das Land und die Gemeinden. 1.230 Euro monatlich beträgt die Ersparnis bei der 24-Stunden-Betreuung verglichen mit einem Heimplatz auf Basis der Zahlen des Jahres 2015.

Prognosezahlen berücksichtigen

Im Bundesländervergleich hat Kärnten einen hohen Anteil an älteren Menschen und Pflegegeldbeziehern. Mit einem Altersquotienten von 34,2 liegt das Bundesland österreichweit an der Spitze – bei einem Durchschnittswert von 29,2. Der Altersquotient ist der Anteil der Menschen über 64 Jahren an 100 Personen im Alter von 20 bis 64 Jahren. Der Anteil der Personen über 65 Jahren an der Kärntner Bevölkerung ist laut Statistik Austria in den letzten zehn Jahren um 18 Prozent gestiegen. Das schlug sich auch in den Ausgaben des Landes nieder. 86,3 Millionen Euro betrugen die Nettoausgaben im stationären Pflegebereich in Kärnten im Jahr 2015 – eine Steigerung um 13,5 Millionen Euro seit 2012.

Laut Prognosen des Landes wird Kärnten auch den Kostendämpfungspfad nicht einhalten können. Im Rahmen des Finanzausgleichs 2017 haben Bund, Länder und Gemeinden vereinbart, dass die Kosten im Pflegebereich jährlich nicht mehr als 4,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr steigen sollen. Berechnungen des Landes Kärnten zeigen, dass die Kostensteigerungen in den Jahren 2017 bis 2021 mehr als sechs Prozent betragen werden.

Aufgrund dieser Entwicklungen sollte das Land Planungen und Zielvorgaben auf Basis von demografischen Entwicklungen und Prognosen bis mindestens 2025 machen. 2013 wurde der Bedarfs- und Entwicklungsplan des Landes im Pflegebereich das letzte Mal überarbeitet. Der Landesrechnungshof kritisiert, dass das Land dabei Maßnahmen mit Zielvorgaben zu wenig berücksichtigt hat und empfiehlt den Plan zu überarbeiten, um auch den zukünftigen Bedarf und somit die Kosten besser einschätzen zu können.

Die Bevölkerungsentwicklung in Kärnten wirkt sich auch auf die Pflegeheime aus, die im Juni 2015 und Februar 2016 zu über 90 Prozent ausgelastet waren. Die wenigsten freien Betten hatten die Bezirke Wolfsberg und Hermagor.

Kritik am Tarifsystem der Pflegeheime

Der Landesrechnungshof kritisiert, dass das Land von 2010 bis 2014 zusätzlich zu den vereinbarten Tarifen auch 1,4 Millionen Euro an Abgangsdeckungen an Pflegeheime zahlte. Solche Abgangsdeckungen sind im Rahmen des Kärntner Mindestsicherungsgesetzes eigentlich nicht vorgesehen.

Der Sockelbetrag – ein Fixbetrag, den Heimbetreiber und Heimbetreiberinnen für jeden Bewohner bzw. jede Bewohnerin zum Beispiel für Unterbringung und Verpflegung erhalten – ist in den Verträgen zwischen Land und Heimbetreiber nicht einheitlich geregelt. 21 von 78 Pflegeheimen erhalten einen Sockelbetrag, der von den Normtarifen abwich. Die Gründe dafür sind in den Verträgen nicht angeführt. Der Landesrechnungshof kritisiert diese Vielfalt an Tarifen und empfiehlt, die Tarife zu vereinheitlichen, sodass gleiche Leistungen gleich honoriert werden.

Mobile Dienste

Wer mobile Pflegedienste in Anspruch nimmt, muss einen Selbstbehalt zahlen. Der Selbstbehalt richtet sich nach dem Nettoeinkommen der Klientin bzw. des Klienten, obwohl der Landesanteil an den Kosten gleich bleibt. Dadurch sind für Anbieter mobiler Dienste Verträge mit Klientinnen und Klienten mit höherem Einkommen attraktiver als mit sozial Schwächeren.

„Pflegedienstleister sollten keine falschen Anreize bekommen. Jeder Mensch sollte unabhängig vom Einkommen gleich behandelt werden und verdient die gleiche Pflege“, sagt Direktor Bauer.

Der Landesrechnungshof empfiehlt, den Anteil des Landes so anzupassen, dass die mobilen Dienste inklusive Selbstbehalt den vereinbarten Normstundensatz für die jeweiligen Leistungen bekommen.

Einen Flächendeckungszuschlag von drei Prozent gibt es für mobile Pflegedienste, die ihre Leistungen in ganz Kärnten anbieten und somit auch in den entlegensten Gebieten unterwegs sind. Dem Landesrechnungshof ist die flächendeckende Versorgung der Kärntner Bevölkerung ein Anliegen. Er kritisiert jedoch, dass das Land den Zuschlag für alle Gebiete in Kärnten unabhängig von ihrer Erreichbarkeit und Versorgungssituation gewährt. Der Zuschlag sollte nur für Bezirke bezahlt werden, die schwierig zu versorgen sind. Ein Pflegedienst bekam den Flächendeckungszuschlag, obwohl er seit 2006 in einem Bezirk keine Leistungen erbracht hat. Der Landesrechnungshof empfiehlt in diesem Fall eine rechtliche Beurteilung vorzunehmen.