Landesrechnungshof-Kritik an Teilprivatisierung des Flughafens Klagenfurt

veröffentlicht am 1. Oktober 2020

Einleitung

Im Jahr 2018 wurde der Flughafen Klagenfurt teilprivatisiert. Ein Investor leistete eine Kapitalerhöhung der Flughafen Betriebsgesellschaft und erhielt dadurch 74,9 Prozent der Anteile. Der Kärntner Landesrechnungshof hat nun die Teilprivatisierung von der Ausschreibung bis zu den Vertragsabschlüssen überprüft.

Pressemitteilung

Ausgangssituation

Der Flughafen Klagenfurt steht im Eigentum der Kärntner Flughafen Betriebsgesellschaft (KFBG), die den Flughafen betreibt. Die Eigentümer der KFBG waren vor der Teilprivatisierung des Flughafens das Land Kärnten mit 80 Prozent und die Stadt Klagenfurt mit 20 Prozent. Die Anteile des Landes verwaltete zuletzt die Landesgesellschaft Kärntner Beteiligungsverwaltung (K-BV).

Entscheidung zur Teilprivatisierung

Ab dem Jahr 2011 sanken die Passagierzahlen des Flughafens Klagenfurt und damit auch die Umsatzerlöse. Trotz der schwierigen finanziellen Situation musste die KFBG im Jahr 2014 die Pistengeneralsanierung in Angriff nehmen, um den Flughafen weiter betreiben zu können. Die hohen Kosten für die Pistengeneralsanierung führten 2016 zu einem negativen Jahresergebnis mit -11,46 Millionen Euro.

Das Land zahlte von 2002 bis 2019 an die KFBG Fördermittel von 21,84 Millionen Euro. Davon waren 16,04 Millionen Euro nicht rückzahlbare Zuschüsse. Allein für das Investitionsprogramm 2016 bis 2019 gewährten Land und Stadt Finanzmittel von 13,2 Millionen Euro für den Flughafen, vor allem für die Pistengeneralsanierung. Parallel dazu erarbeiteten das Land und die KFBG Strategien, um den Flughafen weiterzuführen und weiterzuentwickeln. Dafür zog das Land auch die Teilprivatisierung des Flughafens in Betracht.

Auswahl Anwaltskanzlei

Für die anwaltliche Begleitung des Vergabeverfahrens zur Teilprivatisierung des Flughafens holte die K-BV Angebote von drei Rechtsanwaltskanzleien ein. Nachverhandlungen führte sie jedoch nur mit einer der drei Kanzleien, was den Grundsätzen bei einer Direktvergabe widerspricht. Der Landesrechnungshof kritisiert auch, dass das Anwaltshonorar schlussendlich die vereinbarte Kostengrenze um 86 Prozent überschritt.

Konzept fehlte

Um das Vergabeverfahren einzuleiten, stimmte die Generalversammlung der KFBG einem Konzept zur Teilprivatisierung zu. Ein Konzept als Grundlage dafür fehlte jedoch.

„Der Aufsichtsrat der K-BV und die Generalversammlung der KFBG haben einem Konzept zur Teilprivatisierung zugestimmt, das gar nicht vorlag“, sagt Landesrechnungshofdirektor Günter Bauer.

Angebotszuschlag

Bis zum Ende der Angebotsfrist gaben zwei Bieter ein Angebot für die Teilprivatisierung des Flughafens ab. Später stellte einer der Bieter sein Angebot ausdrücklich unter zwei Bedingungen, die von der Ausschreibung abwichen. Deswegen wurde das Angebot aus dem Vergabeverfahren ausgeschieden und es blieb nur mehr ein Bieter über.

Eine Bewertungskommission beurteilte das Angebot des einzigen übrig gebliebenen Bieters.

„Wir konnten die Bewertung des Angebots für den Flughafen nicht vollständig überprüfen, weil sie nicht dokumentiert war“, sagt Direktor Bauer.

Beispielsweise fehlten von den ersten beiden Sitzungen der Bewertungskommission nachvollziehbare Dokumentationen. Für einige Bewertungskriterien fehlten Beurteilungsaspekte und Bewertungsmaßstäbe. Schlussendlich bewertete die Bewertungskommission das Angebot des verbliebenen Bieters mit 183 von 470 möglichen Punkten.

Der Aufsichtsrat der K-BV entschied im April 2018 den Zuschlag an den Bieter. Sein Angebot enthielt einen Punkt, der vom Land nicht erwünscht war: uneingeschränkte Verfügbarkeit der Gesellschafter über das Anlagevermögen. Der Landesrechnungshof kritisiert, dass dieser Punkt im endgültigen Vertrag verblieb, obwohl der stellvertretende Aufsichtskommissär des Landes darauf hinwies.

Das Land hatte auch die Möglichkeit, den verbliebenen Bieter auszuscheiden und die Vergabe zu widerrufen. Als Argument gegen einen Widerruf führte der Aufsichtsrat der K-BV unter anderem an, dass es kein Alternativkonzept für den Flughafen gab und jährliche Abgänge von 1,5 Millionen Euro zu decken wären.

Beteiligungsvertrag

Die K-BV, die Stadt Klagenfurt und der Investor schlossen im Juli 2018 einen Beteiligungsvertrag ab. Dem Vertrag ist das gesamte Angebot des Investors als integrierender Bestandteil angeschlossen, was die Verständlichkeit des Vertrags erschwert und für Unklarheiten sorgt.

Das Einstimmigkeitsprinzip war im Gesellschaftsvertrag der KFBG für bestimmte Beschlüsse wie Liegenschaftsverkäufe verankert. Im Beteiligungsvertrag mit dem Investor wurde dieses Einstimmigkeitsprinzip jedoch relativiert. Die Gesellschafter sicherten darin zu, allen Maßnahmen zur nachhaltigen Absicherung des Flughafenstandorts zuzustimmen.

Eine Call-Option im Vertrag sieht vor, dass bei gewissen Ereignissen Stadt und K-BV die privatisierten Anteile zu einem vereinbarten Preis zurückkaufen könnten. Die Vertragspartner planten nach drei Jahren über eine Anpassung der Call-Option zu sprechen. Der Landesrechnungshof empfiehlt eine Änderung der Call-Option nur bei nachhaltig werterhöhenden Investitionen durch den Investor und einer Weiterentwicklung des Flughafens durch ihn in Betracht zu ziehen.

Der Beteiligungsvertrag enthält eine Liquidation Preference. Sie regelt im Liquidationsfall, wie das verbleibende Gesellschaftsvermögen aufgeteilt wird. Im Fall des Flughafens sollen die Altgesellschafter vor allen anderen Gesellschaftern einen Betrag erhalten. Dieser Betrag soll den Verkaufserlösen der Liegenschaften entsprechen, die zum Vertragsabschluss der Gesellschaft gehörten. Liegenschaften, die bis zum Liquidationsfall bereits verwertet waren, umfasst die Liquidation Preference jedoch nicht. Damit kann der Investor das Liegenschaftsvermögen reduzieren und die Wirksamkeit der Liquidation Preference relativieren.

Vor der Teilprivatisierung hatte die KFBG Liegenschaften im Ausmaß von 218,76 Hektar mit einem Buchwert von 10,87 Millionen Euro. Der Strategieplan des Investors sieht vor, nicht betriebsnotwendige Liegenschaften der KFBG zu verwerten und plante für das Jahr 2021 Erträge aus Grundstücksverkäufen von 10,19 Millionen Euro. Indem die Altgesellschafter den Beteiligungsvertrag unterzeichneten, sicherten sie ihre Zustimmung zur uneingeschränkten Verfügung der Gesellschaft über nicht betriebsnotwendige Liegenschaften zu. Das relativierte auch das Einstimmigkeitsprinzip, das im Gesellschaftsvertrag verankert war.

Gesellschaftsvertrag

Im August 2018 beschlossen die Altgesellschafter auch einen neuen Gesellschaftsvertrag. Mangelhafte sprachliche Ausgestaltung und formelle Fehler führten zu inhaltlichen Unklarheiten und Interpretationsspielräumen. Der Landesrechnungshof kritisiert auch, dass der Gesellschafterausschluss von Minderheitsgesellschaftern nicht ausgeschlossen war, obwohl es ein strategisch bedeutsamer Punkt des Landes beim Teilprivatisierungsprozess war.

Finanzen

Die Altgesellschafter K-BV und Stadt Klagenfurt erhielten durch die Teilprivatisierung kein Geld. Der Investor erhöhte das Stammkapital der KFBG um 3,5 Millionen Euro und beteiligte sich mit einem Gesellschafterzuschuss von 4,6 Millionen Euro zur Weiterentwicklung des Flughafens. Dadurch erhielt er 74,9 Prozent an der KFBG. Weitere finanzielle Leistungen schloss der Investor ausdrücklich aus. Eine Analyse und Plausibilisierung der finanziellen Leistungen des Investors anhand der Gutachten zu Unternehmens- und Grundstückbewertungen erfolgte nicht.

Rückzahlungen von Beihilfen

Die KFBG schuf im Jahr 2005 Anreize für Fluglinien, den Flughafen Klagenfurt als Start- und Zielflughafen aufzunehmen. Dafür bot sie ihnen Ermäßigungen auf Flughafengebühren. Bis zum Jahr 2019 gewährte die KFBG Nachlässe von 20,95 Millionen Euro und erhielt dafür mehr Flugverbindungen. Diese Ermäßigungen und weitere Marketingvereinbarungen mit Fluglinien finanzierte die KFBG aus öffentlichen Mitteln, überwiegend vom Land Kärnten.

Die Europäische Kommission stufte vier dieser Marketingvereinbarungen als mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfen ein. Deswegen mussten die betroffenen Fluglinien die erhaltenen Beihilfen von 12,67 Millionen Euro mit Zinsen auf Treuhandkonten zurückzahlen. Danach brachten sie aber Klage beim Gericht der Europäischen Union ein. Das Land klärte die Kostenübernahmen im Zuge der Beihilfenrückabwicklung und die Aufteilung allfälliger Beihilfenrückflussbeträge mit den beteiligten Rechtsträgern nicht abschließend. Insbesondere mit der KFBG lag keine schriftliche Vereinbarung vor. Der Landesrechnungshof empfiehlt, die Kosten und den Rückflussbetrag entsprechend der ursprünglichen Zahlungsflüsse zu regeln. Damit hätte das Land den größten Anteil an den Kosten und auch am Rückflussbetrag.